Die landschaftliche Vielfalt, der Kontrast von Berg und See sowie grenzenlose Fernsicht in alle Richtungen – das sind nur ein paar Faktoren, welche die Schönheit der einzigartigen Nockberge in Kärnten ausmachen. Im äußersten Südwesten liegt einem der wildromantische Millstätter See förmlich zu Füßen und garantiert magische Momente.
Der Millstätter See:
Rein flächenmäßig liegt er zwar nur auf dem zweiten Platz unter Kärntens stehenden Gewässern, jedoch ist er, man staunt, mit 141 Metern sowohl der tiefste als auch mit über 1.200 Millionen Kubikmetern der wasserreichste See des Landes. Doch abgesehen von den reinen Fakten ist er vor allem eines: ein Naturparadies, eingebettet in eine paradiesische Landschaft mit pittoresken Ortschaften, sanften Höhenzügen und kulinarischen Highlights.
Besonders in der dritten Jahreszeit, in der die Herbstsonne die Gegend sowohl ober als auch unter der Baumgrenze in ein goldenes Licht taucht, empfiehlt sich eine genussvolle Tour am Höhenzug nördlich des Millstättersees. Ebenso erkunden wir im Zuge der Wanderung eine Etappe des Alpe-Adria-Trails sowie den sogenannten „Weg der Liebe“, welcher mit dem Granattor einen besonders magischen Rastplatz für uns bereithält.
Blick auf die stets gut besuchte Lammersdorfer Hütte
Stetig werden Höhenmeter zurückgelegt
Die Lammersdorfer Hütte
An diesem schönen Oktobertag starten wir am frühen Vormittag bei der gemütlichen Lammersdorfer Hütte, die zu dieser Uhrzeit noch ruhig auf den bevorstehenden Tag zu warten scheint. Sie ist über eine gut ausgebaute Asphaltstraße von Millstatt aus erreichbar, liegt auf beachtlichen 1.644 Metern Seehöhe und bildet mit ihrem umliegenden Almgebiet unter anderem auch die Sommerresidenz von über 30 Milchkühen, die den Rohstoff für den hauseigenen Almkäse liefern (welcher sich natürlich im Herbst auch noch vorzüglich verkosten lässt).
Nur sanft ansteigend, durch immer lichter werdende Lärchenwälder, führt uns der Weg. Jeder Schritt wird mit Bedacht gesetzt und irgendwie fühlt man schon, wie die Natur beginnt, sich für ihren Winterschlaf vorzubereiten. Das Rotwild zieht sich in tiefere Lagen zurück, die wenigen noch wachen Murmeltiere legen sich hüftseitig letzte Winterreserven zu und die Lärchen verwandeln sich in einen goldenen Teppich, der mit den wärmenden Strahlen der Herbstsonne um die Wette leuchtet. Die gesamte Kulisse wirkt ruhiger, nur vereinzelt begleitet uns der Schrei einer Alpendohle oder ein warnender Pfiff eines wachsamen Murmeltiers.
„Der Tag wirkt wie ein Festspiel der warmen Farben – immer im Kontrast mit dem See als dunkelblauem Opal, der dem Wanderer zu Füßen liegt.“
" Schon nach einer knappen Stunde erreichen wir den ersten Gipfel unserer Tour: den Lammersdorfer Berg, besser bekannt als „Stana Mandl“. Am zarten Gipfel befindet sich ein von Menschenhand geschichteter Stein-Monolith, aus dem ein hölzerner Stab herausragt. Der Blick richtet sich nach Osten, wo aus den tieferen Lagen die Wärme in Form von einem leichten Dunst nach oben steigt.
Der Großteil des Aufstiegs ist bereits geschafft, nach einer kurzen Stärkung erleben wir nun nur noch angenehmes „Gipfel-Hopping“ auf dem Millstätter Höhenzug. Man mag kaum glauben, dass noch weitere bezeichnete Bergspitzen auf uns warten, die aber auf der heutigen Tour nicht als einziges Highlight eingestuft werden können.
Das Granattor
Unser nächstes Etappenziel kann einerseits als magischer Kraftplatz andererseits aber auch als monumentaler Vermittler der hiesigen Geschichte betrachtet werden. Das Granattor auf der Millstätter Alpe, ein mächtiges Portal aus Eisen, gefüllt mit dem Edelstein, der die Region rund um den Millstätter See noch einzigartiger macht: Granat, der „dunkelrote Karfunkelstein“, ist schon seit dem Mittelalter als Schmuckstein in Verwendung und wurde aufgrund seiner blutroten Farbe auch als „Blutstropfen Christi“ bezeichnet.
Bis zu Beginn des letzten Jahrhunderts hat man das Mineral hier abgebaut und verarbeitet, die Millstätter Alpe beherbergt eines der größten Granatvorkommen im gesamten Alpenraum. Das 2009 errichtete Granattor weckt Interesse, welches bei einem Besuch des Granatium im nahen Radenthein intensiviert werden kann. Hier kann man eigenhändig nach Edelsteinen schürfen und ihre besondere Energie spüren und aufnehmen.
Die "Bösen Seen"
Auf unserem weiteren Weg hat der rot funkelnde Stein bereits Wirkung gezeigt, wir marschieren nun ständig mit einem Auge am braunen, felsdurchsetzten Boden der Almwiesen, in der Hoffnung selbst bald ein rot leuchtendes Andenken zu finden. Schon kurz nach dem Granattor erwecken jedoch kleine Abbilder des tiefblauen Millstätter Sees, der uns nach wie vor zu Füßen liegt, unsere Aufmerksamkeit. Wie kleine Spiegelbilder des Herbsthimmels präsentieren sich die „Bösen Seen“, deren Wasseroberfläche ob des aufkommenden Almwinds kleine Wellen ausbildet.
Der Kamplnock
Nach etwa zwei Stunden erreichen wir den höchsten Punkt unserer heutigen Bergtour, der in der klaren Herbstluft mit einer großartigen Aussicht in alle Richtungen aufwartet. Der Kamplnock, dessen höchster Punkt nur durch ein von Wind und Wetter gezeichnetes Holzkreuz markiert ist, bietet fantastische Ausblicke in alle Himmelsrichtungen, besonders einprägsam wirken im Nordwesten die schon angezuckerten Gipfel der Ankogelgruppe wie etwa die Hochalmspitze, auch „Tauernkönigin“ oder „Tauernfürstin“ genannt.
Nach getaner Tat mundet die zünftige Gipfeljause hier natürlich umso mehr. Jedoch gilt es beim zielsicheren Bestimmen der umliegenden Gipfel auf der Südseite Alpen auch die Zeit im Auge zu behalten.
Der Weg ließe sich noch Richtung Tschiernock und Schwaigerhütte fortsetzen, jedoch ist der Tag in dieser Jahreszeit bereits merklich kürzer und so treten wir den Heimweg an. Beim Abstieg ist der Wehmut im Spätherbst umso größer. Man wird sich bewusst, dass der nächste Ausflug dieser Art wahrscheinlich erst in etlichen Monaten erfolgen kann und hält abermals inne, atmet ein und lässt sich die verbleibenden Sonnenstrahlen ins Gesicht scheinen, deren Kraft jedoch zu späterer Stunde zusehends nachlässt.
Gerechte Belohnung für alle Mühen: ein Schluck Shilling Bier
Angekommen im Tal laden, wie man es in Kärnten gewohnt ist, zahlreiche Gaumenfreuden zu einem gebührenden Tagesausklang ein. Ein Tipp für bieraffine Genusswanderer, zu denen ich mich zähle, ist die Gartenrast in Untertweng bei Radenthein. Man erzählt sich ganz offen, dass es hier das beste Backhendl weit und breit geben soll. Doch das Team rund um Wirt und Bierbrauer Uli Bacher kredenzt weitere Spezialitäten des Geflügels, die mit Kreativität und Einfallsreichtum überzeugen.
Dazu trinkt man ein nebenan selbstgebrautes Shilling Bier in drei Sorten, die allesamt absolut überzeugen und eine Offenbarung für Biergenießer sind. Abgerundet wird die Glückseligkeit durch die hausgemachte Kardinalschnitte, deren goldener Eischaum uns an die Herbstsonne und die verfärbten Lärchen erinnert. All das löst ein leises Seufzen aus: einerseits, weil die beim Wandern verbrauchten Kalorien umgehend retourniert wurden, andererseits aber auch, weil genau solche Tage wie dieser im sonnigen Süden Österreichs unvergessliche Eindrücke hinterlassen und geradezu nach Wiederholung schreien.
Bilder und Text: Johannes Moser, 3.10.2017
Unser Autor: Johannes Moser
Schreiben, Fotografieren, Bergsteigen, Essen, Trinken – das sind nur ein paar meiner Hobbys. Ein großer Vorteil ist, dass sich alle diese Tätigkeiten in Kärnten und im gesamten Alpen-Adria-Raum vorzüglich miteinander verbinden lassen. Nahezu jedes freie Wochenende nutze ich für Bergtouren oder Roadtrips, da meine Lust am Sammeln neuer Eindrücke nahezu grenzenlos ist. Nebenbei arbeite ich noch als Diplom-Biersommelier und helfe so interessierten, neue Genusserfahrungen zu machen.