Wer den goldenen Pfau an den Bars und in den Weinkarten der Welt glänzen sieht, weiß als KärntnerIn wo der Bartl den Most einst geholt hat. Aus dem eigenen Obstgarten am Untermitterdorfer Bauernhof. In den 80er Jahren war man im Süden noch weit weg von Haute Cuisine und dem landwirtschaftlichen Gedanken zum Thema Slow Food. Bis auf Valentin. Valentin Latschen. Destilliert, nicht gerührt.
Valentin Latschen weiß, dass er seine destillierten Naturprodukte nicht allein durch den Geschmack und ein schönes Logo verkauft. Seit über 30 Jahren reist er quer durch Österreich und die Welt, um Mitstreitern und einem offenen Publikum zu erzählen, dass der (Most-)Apfel nicht weit vom Stamm fällt bis er in der Flasche landet.
Im klimatisierten Büro, am Fuße der Klagenfurter Schleppealm, empfängt mich ein gut gelaunter Edeldestillateur. Er bietet mir auch sofort das Du-Wort an - und das noch vor dem ersten Schnaps. Valentin führt mich in den ebenerdigen Brau- und Brandkeller, den er sich mit der Schleppe Brauerei teilt. Wir starten mit einem Glas Schlumberger Sekt Brut, das er mit Marillenschnaps aus einem Zerstäuber besprüht. „Im Schnaps sind zwar keine Hilfsstoffe: kein Zucker, kein Aroma aber ein Tropfen davon wäre zu viel des Guten. Mit dem Zerstäuber behält der Sekt seinen Charakter. Die Idee habe ich von meinem Freund Alois Gölles.“, sagt Valentin. Feine Marillenessenzen wecken meine Sensorik wenn ich das Glas ansetze.
Begriffe wie Einmaischen, Vergären, Doppeldestillation, Frucht und Gerbstoff sind Thema unserer Unterhaltung. Dass ausschließlich Früchte mit den höchsten Qualitätsansprüchen zum Brennen verwendet werden, steht für Valentin außer Frage.
Jetzt hat er den Vogel „da oben“ auch schon
Mitte der 80er Jahre, nachdem er seine Lehrjahre in der Villacher Tourismusschule und die Ausbildung zum Weinbau- und Kellermeister in Silberberg abgeschlossen hat, muss er den landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern übernehmen. Mit Wiesen, Obstbäumen, Feldern und Wirtshaus.
In einer Region, in der sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, steigt der Pfau aus der Asche und denkt um. „Ich dachte mir damals: 17 verschiedene Schnitzel mit Sauce in der Karte. Deswegen fahrt niemand 50 Kilometer extra zu uns raus ins Wirtshaus. Ich brauche ein Erlebnis.“, erzählt Valentin überzeugt. Ab da an gibt es beim „Pfau“ Mostsuppe, Mostlungenbraten, Apfelknödel in Mostsauce. Ebenso werden die Bauern und Gasthöfe der Umgebung als Hersteller und Empfehlung in der Speisekarte angeführt. Die Kärntner Wirte und Kärntner Produkte kommen damals gerade erstmalig als Qualitätsmarke an die Öffentlichkeit.
Zunächst machen sich die Nachbarn und Menschen in der Gemeinde noch lustig über seine neuen Ideen und dass er den Hofnamen „Pfau“ sogar rechtlich schützen lässt. Doch die namentliche Erwähnung der Produzenten und Mitstreiter in seiner Speisekarte hat Folgen für die Region: plötzlich kommen Gäste, die direkt beim Bauern die Erdäpfel vom Feld kaufen wollen und in der Buschenschank ums Eck einkehren.
Die Geister die ich rief
Die Destillate verbreiten sich wie ein Lauffeuer durch ganz Europa, die Nachfrage steigt unaufhaltsam. Valentin braucht mehr Raum für die Produktion und muss handeln. Zum einen mit der Bank, um einen stärkeren Fokus auf das Thema Schnapsbrennen legen zu können und zum anderen um von der Natürlichkeit seiner Produkte zu erzählen und die Menschen vom hohen Qualitätsbewusstsein zu überzeugen. „Und dann kommt das, was die bäuerliche Wurzel in sich hat. Es wächst etwas. Es reift, blüht, man erntet es. Ich kann es frisch essen oder veredeln oder verfaulen lassen. Dies ist die höchste Kultur.“, philosophiert er mir mit ansteckender Begeisterung.
Hier steckt Kraft im Saft
Mittlerweile habe ich beim Verkosten die wunderbaren Ecken und Kanten der veredelten Mostbirne entdeckt und in meinem inneren Auge erscheint ein mächtiger Birnbaum. Ebenso verstehe ich nun, warum der Mostapfel - der ausschließlich aus alten und zum Teil unbekannten Sorten - so pikant und gerbstoffreich rüberkommt. Mein Bewusstsein für diese hochwertig destillierten Früchte ist aktiviert und die Sinne geschärft. Fazit: Schnaps kann gar nicht gleich Schnaps sein. Hier steckt Kraft im Saft.
„Meine Destillate brauchen ca. zwei bis drei Jahre bis sie überhaupt in die höchste Qualität - die so genannte Trinkreife - kommen. Die Lebensdauer reicht dann zwischen dreißig bis fünfzig Jahre.“ Gerade das zeichnet das Doppelbrennverfahren aus: es braucht lange, bis der Schnaps sich aufbaut, aber dann hat er einen langen Atem.
Durch das Doppelbrennverfahren bei Pfau behält die Furcht ihren natürlichen und unverfälschten Geschmack, auch als Destillat.
Quinta Essentia und die Schnapskultur
Jeder Jahrgang ist beim Schnaps natürlich auch wie beim Wein in seinem Charakter anders. „Zudem z.B. der Mostbaum nur jedes zweite Jahr Früchte trägt. Das muss man natürlich bedenken.“, erklärt Valentin. Und damit die Veredelung transparent und nachvollziehbar bleibt, gibt es einen Ehrenkodex: die Quinta Essentia. Er besagt, dass das klassische Doppelbrennverfahren aufrecht erhalten bleiben muss. Es dürfen keine Zuckerungen stattfinden und keine zusätzliche Aromatisierung. Andernfalls droht eine Pönale von 70.000 Euro und der Ausschluss aus der Gruppe der Edelbrenner.
Abschließend sagt Valentin Latschen quasi „in destillatus veritas“:
„Man muss die Menschen wieder zum Nachdenken bringen: Wie schmeckt eigentlich das Grundprodukt? Schnapsbrennen ist keine neuartige Erfindung. Ich kann in Büchern aus der Zeit Maria Theresias nachlesen, wie man Qualität erzeugt. Warum?
Weil sich die Naturgesetze nicht verändert haben. Blühen, wachsen, reifen. Ich will die Natur Natur sein lassen.“
Whisky aus Kärnten in den Nockbergen und in St. Egyden
Destillerie Wolfram Ortner
Was bewegt einen „Nock-Bergler“, dem schottischen und irischen National-Getränk nachzueifern? Mit dem „Wob dö Malt“ geht Meisterbrenner Wolfram Ortner www.wob.at aus Bad Kleinkirchheim einen eigenständigen Weg. Bei „Wob“ wird auch der Trester mit vergoren. Das Thermal Wasser von Bad Kleinkirchheim macht aus dem Whisky eine aromatische „Medizin“.
Lauritsch Franz
Franz Lauritsch junior und senior produzieren den Hadnwhisky. Dieser schmeckt zart-rauchig auf der Zunge mit einer leicht bitter-nussigen Note vom Buchweizen, der in Kärnten „Had’n“ genannt wird.
von Elisabeth Tschernitz-Berger