Ob Kärnten-Urlauber oder Kärntner Urgestein: Wer die Osterwoche im südlichsten Bundesland Österreichs verbringt, erlebt erfüllte Tage zwischen Traditionen, Brauchtum und Kulinarik. Ostern ist für viele ein Nach-Hause-Kommen. Es wird gegessen und gefeiert, gespielt und gelacht – und selbst Gäste bekommen die schönsten Gefühle des Jahres gemeinsam mit der Kärntner Osterjause serviert: Herzlichkeit, Harmonie und Heimkommen.
Bloggerin Jasmin Kreulitsch zu Ostern in Kärnten
8:00 Uhr: Kärntner lachen gerne.
Kommt ein Wort mal ruppig daher, ist das nie so ernst gemeint, sondern manchmal einfach dem Dialekt geschuldet. Wird man am Palmsonntag als Palmesel bezeichnet, ist das also niemals böse gemeint. Außerdem kennt man das ja, denn der Begriff ist in ganz Österreich und auch Süddeutschland bekannt. Die Kärntner wären aber nicht die Kärntner, wenn sie das Spiel nicht weitertreiben würden – nämlich in der ganzen Karwoche. „Am Montag ist es der Heban, am Dienstag der Treiban, am Mittwoch begrüßt man den Antlaßburn (oder die Mittiplatzn), am Gründonnerstag folgt der Groggachgorn, weil an diesem Tag der Osterhaufen fertig gemacht wird. Dann kommt die Karfreitagsratschn, am Karsamstag der Widderlump (oder der Taftegl). Wer am Ostersonntag als erster aufsteht, ist das Osterlampli, und der letzte ist das Bauchwehlampli“, erklärt Brauchtumsexpertin Sieglinde Talker.
9.00 Uhr: Brauchtum ist zu Ostern wichtig in Kärnten, vor allem in Sachen Kulinarik.
Deshalb geht es schon in der Früh auf einen der Märkte in Kärnten. Die Mission? Alles über den Kärntner Reindling lernen, denn der stellt im südlichsten Bundesland das bedeutendste Element der Osterjause. Sein Geheimnis ist nicht nur die Zubereitung, sondern vor allem, wie man ihn verspeist. Denn in Kärnten ersetzen viele bei der Osterjause das Brot durch den Reindling – und genießen die Kombination von süß und salzig, die es so nur einmal im Jahr gibt. Der Reindling sieht aus wie ein Gugelhupf, hat aber eine jahrhundertealte Tradition und kommt seit dem 16. Jahrhundert auf den Tisch. Es gibt ihn das ganze Jahr über, aber zu Ostern schmeckt er besonders gut. Seinen Namen hat er aufgrund der Form, in der er gebacken wird: der „Rein“. Früher waren Reindlingformen meist aus Ton, hatten in der Mitte eine Ausbuchtung und waren mit christlichen Symbolen verziert. Heute bäckt man den Reindling meist in Gugelhupfformen. Ein Germteig wird ausgerollt, mit Zucker oder Honig, Rosinen und Zimt und manchmal mit Nüssen, Anis, gehackten Feigen oder Äpfeln gefüllt.
10:00 Uhr: Die Schönheit Kärntens zeigt sich einem vor allem dann, wenn man das Land ungeplant erkundet.
Einfach ins Auto steigen und aufs Land und in die Berge fahren. Da eröffnen sich nicht nur malerische Ausblicke, sondern auch kulinarische Überraschungen. Wer die Augen offen hält, entdeckt unterwegs immer wieder mal Schilder, auf denen „Hofladen“ oder „Hofverkauf“ steht. Dann sollte man stehen bleiben und sich die lokalen Produkte anschauen, die die Bauern anbieten. Zu Ostern lernt man hier von den Direkterzeugern, was auf einem Kärntner Ostertisch stehen muss – und kann die Schmankerln vor Ort kaufen: saftigen Osterschinken, würzige Hauswürste, Schweins- oder Rindszunge, scharfen Kren, frisch gebackenes Brot und Reindling und gefärbte Ostereier: Den das sind die traditionellen Bestandteile einer Kärntner Osterjause.
Kärntner Ostertisch
Kärntner Reindling
Zunge mit scharfem Kren
11:00 Uhr: Wie wäre es mit einem Ausflug nach Bad Kleinkirchheim?
In dieser Region gibt es eine Osterspezialität, die in ein paar Dörfern zelebriert wird und lange Tradition hat: die gefüllte Butter. Dazu wird Butter ausgerollt und mit einer Mischung aus Mohn und Honig bestrichen. Das Ganze rollt man zusammen, stellt es kalt und serviert es später als Scheiben. Die gefüllte Butter wird bei der Osterjause auf den Reindling geschmiert. Traditionell gibt es die gefüllte Butter nur zu Ostern und bei Beerdigungen. Auch typisch für das Nockgebiet um Bad Kleinkirchheim sind „Kosterle“: Das sind in kleinen Schalen gebackenen Reinlinge, die früher jeder zu seinem Osterei bekam.
12:00 Uhr: Ein Ausflug in den Süden Kärntens,
...nahe der slowenischen Grenze, hält eine andere Osterüberraschung bereit. In der Region Rosental steht zu Ostern nicht nur die Familie, sondern auch die zukünftige Familie im Vordergrund, so heißt es zumindest in einer alten Tradition. Früher gab ein Mädchen am Ostermontag einem Burschen einen Reindling-Anschnitt bzw. ein Scherzerl – das galt als Zeichen ihrer Zuneigung. In manchen Regionen landet der Reindling auch als „Hochzeitsreindling“ auf dem Tisch, dann wird er mit Bändern geschmückt. Der „Rosentaler Hochzeitsreindling“ muss in der „Rein“ gebacken werden, die in der Mitte einen breiten, geraden Zapfen hat und seine Fülle muss aus Früchten bestehen.
13:00 Uhr: Auch nahe der slowenischen Grenze gelegen steht in Bleiburg der Schinken im Mittelpunkt der Osterjause.
Hier krönt man jedes Jahr kurz vor Ostern den „Schinkenkaiser“. Verschiedene Bauern aus der Region und ganz Kärnten können sich mit ihren Schinkenkreationen bewerben, beim Schinkenfest wird der Gewinner gekürt. Kein Erzeuger verrät sein Geheimrezept, nur das Grundritual ist immer dasselbe: Das Fleisch, das meist von den hinteren Teilen des Schweins (Keule, Schlegel oder Haxe) kommt, wird mit einer Mischung aus Salz und Kräutern eingerieben, kommt dann in eine Salzlacke, damit das Fleisch durchziehen kann. Dort bleibt es einige Wochen, bis es geräuchert und final gekocht wird. Ein Sprichwort in Bleiburg lautet: „Zu Ostern musst du sieben Mal Schinken essen“, so Stefan Visotschnig, Bürgermeister der Gemeinde Bleiburg. Das geht auf die Tradition zurück, dass man an den Feiertagen zu Ostern die ganze Familie besucht.
14:00: Schinken ist aber nicht gleich Schinken.
Das lernt man, wenn man ins Gailtal und ins Lesachtal fährt – eine Region Kärntens, die nicht nur zu Ostern einen Besuch wert ist. Denn das Gailtal und das Lesachtal wurden zur weltweit ersten Slow-Food-Travel-Destination gekürt. Grund dafür sind viele kleine Produzenten, viel Tradition, viel Landwirtschaft, aber vor allem der berühmte Speck und das berühmte Brot aus den Tälern. Der Speck aus dem Gailtal hat seinen besonderen Geschmack von der Kühle der Berge und der besonderen Luft. Deshalb isst man hier in der Region gerne auch Schinkenspeck statt dem Osterschinken zur Osterjause.
15:00 Uhr: Das Lesachtal ist dafür für sein Brot berühmt, das zu Ostern in vielen Kärntner Körberln liegt.
Ein Ausflug zu den Erzeugern der Region zahlt sich auf jeden Fall aus. Denn das „Lesachtaler Brot“ wurde 2018 von Slow Food in Italien als erstes Slow Food-Presidio-Brot ausgezeichnet und als schützenswert anerkannt. Das Geheimnis liegt in der Zubereitung: Das Brot wird von den Bergbäuerinnen nach traditionell handwerklicher Art mit Sauerteig und dem Korn aus dem Lesachtal, das in Hausmühlen gemahlen wird, gebacken.
16:00 Uhr: Langsam wird es Zeit, sich zu entscheiden: Reindling oder doch Brot zum Osterschinken essen?
In beiden Fällen kommt man in Kärnten voll auf seine Kosten, denn die Bäcker setzen hier auf traditionelle Herstellungsmethoden und qualitätsvolles, gemahlenes Korn aus der Heimat. In Kärnten wird vor allem Roggenbrot gegessen, das ist der Lage geschuldet. Roggen gedeiht nämlich bis auf viele Höhenmeter und überlebt auch in kalten und kargen Gegenden. Und weil das Brothandwerk so wichtig ist, haben sich zehn Brothandwerker unter Obmann Martin Wienerroither – Kärntens einzigen Brotsommelier – zu einer Vereinigung zusammengeschlossen. „Die Brothandwerker“ wollen die kärntenweite Initiative von Slow Food in die Backstuben bringen.
17:00 Uhr: Ein paar der schönsten Kärntner Dialektwörter kommen zu Ostern zum Einsatz,
...deshalb ist es jetzt Zeit für einen Osterspaziergang und ein kleines Sprachtraining. Neben frisch geriebenem Kren steht meist auch ein Eierkren auf dem Tisch, in Kärnten gerne bezeichnet als „Eiermotschka“: klein geschnittene Eier, abgeschmeckt mit Öl, Gewürzen und frisch geriebenem Kren. Die Eier, die auch Hauptdarsteller bei der Osterjause sind, kommen gerne als Spiel zum Einsatz – bei den drei Wörtern Eierchecken, Eiertutschn und Eierpecken. Bei Ersterem wird mit einem Geldstück nach dem Ei geworfen, bis die Münze steckenbleibt; bei Letzerem schlägt man zwei Eier gegeneinander, Spitze gegen Spitze, Boden gegen Boden. Das Ei, das ganz bleibt, gewinnt. Ein weiterer Brauch ist das Eierrollen: Da rollen die Eier über eine Rinne, die von zwei Rechenstielen gebildet wird. Werden die Eier der Gegner getroffen, gelten sie als verspielt.
18:00 Uhr: Wer nun alles drauf hat in Sachen Zutaten fürs Kärntner Osterkörberl,
...kann sich vorbereiten für den wichtigsten Tag: den Ostersamstag. Da gehen viele Familien in Kärnten zur Fleischweihe und lassen ihren Osterkorb segnen. Früher kam der Pfarrer auf die Höfe und segnete die Speisen, heute sind alle Kirchen geöffnet und laden ein zur Fleischweihe. Im Osterkorb sind die bunten Eier, das Osterfleisch, der Kren und das Osterbrot. Der Osterkorb wird traditionell mit einer Weihkorbdecke abgedeckt, die mit sakralen, roten Symbolen bestickt ist. Meist kommen auch Palmbuschen mit in die Kirche. Die geweihten Zweige werden dann in Acker- und Gartenerde gesteckt und sollen vor Unheil schützen; oft werden sie auch für das Feuer benützt, mit dem im kommenden Jahr der Osterschinken gekocht wird.
19:00 Uhr: Die Karwoche bedeutet für viele das Ende der Fastenzeit,
...in der auf Fleisch verzichtet wurde. Wer einen Ausflug ins Lavanttal macht, kann vielleicht Spuren eines ganz besonderen Brauches entdecken, der hier zur Fastenzeit beginnt und am Ostersonntag endet. In vielen Familien ist es Tradition, übriggebliebene Faschingskrapfen auf eine Schnur zu fädeln und am Dachboden aufzuhängen – denn Krapfen werden ja in tierischem Fett heraus gebacken und sind deshalb in der Fastenzeit tabu. Am Ostersonntag darf man die alten Krapfen dann holen – um sie in eine Suppe einzubrocken. Und wieder findet man die typische Kärntner Kombination von süß und salzig, die nicht nur zu Ostern, sondern auch in der Region Villach in Form der Kirchtagsuppe gefeiert wird.
20:00 Uhr: Wenn am Ostersamstag die Nacht aufzieht,
...ist es trotz Dunkelheit heller als sonst in Kärnten. Denn es leuchten nicht nur die Sterne am Himmel, sondern auch viele kleine Feuer in den Dörfern. Das Osterfeuer gilt als Symbol für die Wiederauferstehung von Jesus und das Vertreiben des Winters, oft werden auch Strohpuppen am Osterfeuer verbrannt. Diese sollen die Auferstehung Jesu Christi symbolisieren. Hat man das Glück, den Abend irgendwo auf dem Berg zu verbringen, entdeckt man quer durch die dunkle Berglandschaft kleine, funkelnde Punkte: Die berühmte Tradition der Osterfeuer wird im gesamten Bundesland und in den kleinsten Orten veranstaltet, sodass sich mancherorts der Blick in die Landschaft in ein kleines Lichtermeer verwandelt.
21:00 Uhr: Wer ein ganz besonderes Schauspiel und gelebte Tradition sehen möchte,
...sollte sich am Ostersamstag um 21 Uhr in die Region Mittelkärnten aufmachen. In Gösseling bei Launsdorf findet hier seit über 50 Jahren ein ganz besonderer Osterbrauch statt: das Fackeltragen. Frauen und Männer entzünden meterhohe Holzstämme und tragen diese durch die dunkle Nacht. Diese Fackeln werden geschwungen und so aufgestellt, dass Kreuze und Kreise sichtbar werden. So bitten die Menschen um Schutz, Segen und eine gute Ernte.
22:00 Uhr: Bevor es ins Bett geht, werden noch Pläne geschmiedet für die letzten Ostertage in Kärnten.
Denn im Land der Berge und Seen muss man natürlich nochmal aufs Wasser, auch zu Ostern. Den Ostersonntag verbringt man oft zum Ausklang am Wörthersee, traditionell feiert man nämlich den Beginn der Schifffahrtssaison. An Bord der "MS Santa Lucia" kann man zum Beispiel die Westbucht des Wörthersees vom Wasser aus entdecken.
Anleitung zum Glücklichsein: 8 Klicks zu Ostern in Kärnten
Die Kärntner Osterjause: hier
Bräuche und Traditionen rund ums Osterfest: hier
Das Geheimnis des Kärntner Reindlings: hier
Rezept für den Kärntner Reindling: hier
Traditionelles Ostergeschenk von Paten: hier
Die Kärntner Tradition der Weihkorbdecke: hier