Vom „Grand Canyon vom Weissensee“ bis zu einem Kleinod inmitten der Gailtaler Alpen

Zahlreiche liebliche Almen schmiegen sich zärtlich in das Landschaftsbild. Eine etwas weniger bekannte, aber nicht minder schöne ist die Waisacher Alm. Bereits der Aufstieg gestaltet sich als erlebnisreich und voller atemberaubender Eindrücke.

Vom Weissensee zur Waisacher Alm

Wenn Ende August die Schatten länger werden, so erzählt man sich, klopft bereits der Herbst an die Tür und macht langsam aber sicher dem Sommer den Garaus. Ein weiterer Indikator für die goldene Jahreszeit sind auch ausgedehnte Frühnebel, welche die Wälder nach dem aufkommenden Einfall des Sonnenlichts in ein ganz besonderes, magisches Licht tauchen. Die hohe Luftfeuchtigkeit wirkt nach dem außerordentlich warmen Sommer fast so, als würden Bäume und Sträucher einerseits aufatmen und andererseits ihrem Blattkleid das Leben aushauchen, bevor im nächsten Frühling jenes wieder von neuem beginnt.

Christopher, begeisterter Muntermacher und Mitarbeiter vom Naturpark Weissensee, begrüßt mich und meine zwei motivierten Mitwanderer bereits frühmorgens voller Elan, wenngleich die herbstlichen Frühnebel den Blick auf die Sonne noch nicht so ganz freigeben wollen. Mit Bedacht setzen wir die Schritte am durchaus zackig ansteigenden, aber nie extrem fordernden Waldsteig. Man spürt, wie die Muskeln aktiviert werden und der Pulsschlag schneller wird.

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Da muss es etwas zu sehen geben! Umsonst hat man hier sicher nicht eine Bank aufgestellt!

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Vom Weissensee zur Waisacher Alm

Etwas abseits vom ausgezeichnet gekennzeichneten Wanderweg lässt sich nach einiger Zeit ein Schatten auf einer kleine Anhöhe erkennen, der sich bei zunehmender Annäherung als Sitzbank entpuppt. „Da muss es etwas zu sehen geben! Umsonst hat man hier sicher keine Bank aufgestellt“, lautet das Kommando unseres „Reiseleiters“ Christopher.

Und tatsächlich: der kleine Vorsprung im Wald gibt sich als Phänomen zu erkennen, das die Natur in tausenden von Jahren erschaffen hat. Der Blick wird frei auf die Grafenweger Felsen, welche von unserem Guide auch liebevoll als „Grand Canyon vom Weissensee“ bezeichnet werden. Der See selbst ist zwar nicht erkennbar, weil das Auge nach Westen schweift, jedoch ergeben sich atemberaubende Tiefblicke in das Drautal und in weiter Ferne lassen sich bei klarer Sicht sogar schon die schroffen Felswände der Lienzer Dolomiten ausmachen. Der Anblick der Natur und ihrer Kräfte lassen den Menschen kurz innehalten, bevor die restliche Wegstrecke bewältigt wird.

Am Ende einer Waldlichtung ertönt bereits von weitem ein lautes „Muh!“. „Jetzt kann die Alm nicht mehr weit sein“, lautet der allgemeine Tenor. Und tatsächlich: vor uns liegt ein wunderbares Kleinod inmitten der Gailtaler Alpen, die Waisacher Alm. Noch genießt das Vieh die nach den vergangenen Regentagen wieder prachtvoll sprießenden Gräser und spielt den natürlichen Rasenmäher. Schon in wenigen Tagen werden die Rinder ihr malerisches Sommerdomizil verlassen und wieder in ihre angestammte Heimat zurückkehren.

Auf der Alm werden wir von der offenherzigen Wirtin Karin bereits erwartet.

Schon kurz nach der herzlichen Begrüßung wartet schon die erste kühle Erfrischung in Form eines herrlichen Getränks aus Hopfen und Malz auf den fleißigen Bergwanderer. Und ehe man sich versieht, steht auch schon ein „Alm-Tequila“ auf dem Tisch, quasi ein klarer Obstbrand mit alpinem Fingerfood in Form von Schinken und Kren als Aperitif statt Digestif. „Bei uns gibt’s den Schnaps schon vor der Jausn!“ Karin, die aufmerksame Alm-Wirtin, ist Herrin über das geschäftige Treiben.

Dass ursprüngliche und regional produzierte Lebensmittel einen hohen Stellenwert genießen, ist hier sofort erkennbar. Beim ersten Bissen in das knusprige Käsebrot erhält man den Lohn für alle zuvor geleisteten Höhenmeter. Der Käse: würzig und frisch. Der Speck: fein geräuchert und wunderbar dünn geschnitten.

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Die Frigga macht in Kärnten jedes Tal ein bisschen anders, weiß Naturpark-Begleiter Christopher.

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Frigga, der Belag seines schmackhaften Brotes, bezeichnet in der Kärntner Küche traditionellerweise eine Art Omelett aus Speck, Käse und Kartoffeln. „Hier am Weissensee besteht die Frigga jedoch nur aus Speck und Käse. Das Ganze ist also noch ein bisschen kräftigender als sonst.“ Frigga wurde früher traditionell in einer großen Pfanne zubereitet und galt als optimale Stärkung für die Forstarbeiter – kein Low-Carb-Produkt und ein herrlich duftender Genuss.

Die frisch zubereitete Mahlzeit ist jedoch auch optisch ein Genuss. Karin garniert ihre Köstlichkeiten mit essbaren Blüten, die im hauseigenen Almgarten wachsen und gedeihen.

Der Apfelstrudel, natürlich selbstgemacht, bildet mit seinem verführerischen Duft nach Zimt und Zucker gemeinsam mit dem frisch gebrühten Filterkaffee den gebührenden Abschluss unserer Mahlzeit. Besonders die Nachspeise weckt Erinnerungen an vergangene Tage, denn Filterkaffee und Apfelstrudel gab es bereits in Jugendtagen bei der Oma.

Beim Abstieg blitzt uns oberhalb vom Ausgangspunkt der Wanderung noch etwas entgegen, das der Nebel beim Aufstieg noch nicht preisgegeben hatte: der Weißensee, inmitten von steil aufragenden Wäldern mit seiner charakteristischen Brücke, welche das Nord- mit dem Südufer verbindet. Nur ein kleiner Teil des Westufers ist mit dem Auto zu erreichen, das unverbaute und naturbelassene Ostufer muss man sich „erwandern“. Von unserer Position aus lässt sich das andere Ende des sich fjordartige durch die Berge schlängelnden Sees nur erahnen. „Wenn das kein gebührender Abschluss unseres Wandertages ist!“, werfe ich in die Runde und ernte Zustimmung. Und so bleibt von diesem Tag der Wunsch, dass der Herbst dem Winter noch lange Paroli bieten möge.

Vom Weissensee zur Waisacher Alm

Der Weissensee

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Bilder, Text: Johannes Moser

Autorenvorstellung: Johannes Moser

Schreiben, Fotografieren, Bergsteigen, Essen, Trinken – das sind nur ein paar meiner Hobbys. Ein großer Vorteil ist, dass sich alle diese Tätigkeiten in Kärnten und im gesamten Alpen-Adria-Raum vorzüglich miteinander verbinden lassen.

Nahezu jedes freie Wochenende nutze ich für Bergtouren oder Roadtrips, da meine Lust am Sammeln neuer Eindrücke nahezu grenzenlos ist. Nebenbei arbeite ich noch als Diplom-Biersommelier und helfe so Interessierten, neue Genusserfahrungen zu machen.


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