„Hast du gut gefrühstückt?“ So die erste Frage von Horst Kaschnig, Bergwanderführer und Mitarbeiter des Geopark Karawanken, als wir uns bei der Talstation der Petzen Bergbahn zu unserer Tour treffen. Ein bisschen mulmig ist mir schon, die Wanderung, die von der Bergstation über den Kniepssattel und den Kordeschkopf weiter nach Črna na Koroškem in Slowenien führt, ist als „sehr anspruchsvoll“ ausgewiesen. Mache ich einen Fehler wie einige andere Wanderer auch – „Selbstüberschätzung?“. Horst beruhigt mich, versichert mir, sich auch bei dieser Tour an den „Langsamsten und Schwächsten anzupassen“. Und: das „sehr anspruchsvoll“ bezieht sich nicht auf die rund 460 Höhenmeter bergauf, sondern vielmehr auf die 1400 Höhenmeter bergab. Und das sind auch schon die Eckpunkte der grenzüberschreitenden Tour, die mit einer Mutprobe in Slowenien – oder doch in Afrika? - ihr Ende findet. Alles klar – das beruhigt mich.
Die ersten 1200 Höhenmeter erledigen wird mit der Petzen Bergbahn
Komfortabel, aber aufgrund der Bewölkung nur mit eingeschränkter Sicht aufs Tal und die umliegenden Berge. Nach 15 Minuten ist die Bergstation erreicht – hier, auf 1700 Meter Seehöhe, glänzt mit neu erschlossenem Ausblick auf die majestätische Berg- und Tallandschaft das neue Panorama-Restaurant Oben. Im Untergeschoss befinden sich die Räumlichkeiten des Geopark Karawanken - Geo.Dom, in welchem man wechselnde Ausstellungen betrachten und bestaunen kann.
Ein Teil der Tour führt über einen schmalen Steig im Wald
Die dazugehörigen Gemsen haben wir vom Kniepssteig aus natürlich auch gesehen
Die Petzen ist nicht nur ein beliebtes Wandergebiet sondern mit der MTB Zone Bikepark Petzen auch ein faszinierendes Ziel für Biker. Der 11,5 Kilometer lange Flow Country Trail war bis 2021 sogar der längste Europas. Auf der Petzen führen die unterschiedlichsten Spezies ein harmonisches Miteinander. Und so wird nicht nur bei geführten Touren sondern generell zugunsten von Wildtieren, Jägern, Bauern, Bikern und Wanderern empfohlen, auf den jeweils ausgeschilderten Wegen zu bleiben.
Wir machen uns auf in Richtung Kniepssattel
Vorbei an einem hölzernen Bären – wir befinden uns ja im „Petzenland“ – und an einem Gezeitenweg für Kinder, der die Entstehung der Erde verständlich erklärt. Wesentlich interessanter für mich ist der ebenfalls am Weg liegende „Jungbrunnen“, ein Trog mit kaltem Wasser, der eigentlich als Tränke für die weidenden Kühe dient.
Über den steilen Kniepssteig (mit Gamsblick!) und vorbei an der wieder im Aufbau befindlichen Bleiburger Hütte ist nach einer Stunde und rund 400 Höhenmetern der Kniepssattel erreicht, der auch beim Panoramaweg Südalpen, beim Karawanken-Trail und der Via Alpina passiert wird.
Aufmerksame Beobachter werden kleine Höhlen beim Blick Richtung Feistritzer Spitze erkennen – das einstige Bergbaugebiet verfügt über nicht weniger als 900 Stollenkilometer.
Durch Latschenfelder soweit das Auge reicht, marschieren wir Richtung Kordeschkopf (2126 Meter Seehöhe).
Hier passieren Wanderer die Grenze zu Slowenien
Wir werden zwar nicht kontrolliert, dennoch ist es gut, einen Ausweis bei sich zu führen. Zu Zeiten des Eisernen Vorhangs fanden hier strenge Grenzkontrollen statt, die für einige wenige, die sich nicht ausweisen konnten, nicht selten mit einem mehrtägigen Aufenthalt in Laibach geendet haben. Erzählt mir Horst und erinnert so an längst vergangene Zeiten.
Zwei Stunden nach Verlassen der Bergbahn erreichen wir den höchsten Punkt unserer Wanderung – den Kordeschkopf (2126 Meter). Und just in diesen Minuten reduziert sich die Sicht auf das normalerweise atemberaubende Panorama der umliegenden Berge auf Null. Und so können Steiner Alpen, Koschuta, Hochobir, Karawanken etc. nur erahnt werden. Als Beweis, dass wir den Gipfel wirklich erreicht haben, dient ein Selfie. Der Vorteil des trüben Wetters – außer uns sind keine Wanderer unterwegs. Auch angenehm.
Am Weg zum Kordeschkopf wandern wird durch Latschenfelder soweit das Auge reicht und über die Grenze nach Slowenien
Praktisch zur Orientierung - eine Tafel mit Hinweisen auf Berge und Städte
Den Gipfel erreicht - und die Sicht aufgrund des Nebels Null
Von nun an geht’s steil und stetig bergab. Wanderstöcke helfen, die Gelenke zu entlasten. Erst einmal führt uns der Weg nach Dom na Peci. In der Hütte stärken wir uns mit erfrischendem Grapefruit-Radler und ich lasse mir von Horst, der auch für die Bergrettung im Einsatz ist, noch einmal erklären, was unbedingt in einen „g’scheiten“ Rucksack gehört: u.a. ein funktionsfähiges Verbandszeug, Messer, Stirnlampe, Biwaksack, ausreichend zu trinken und etwas zur Stärkung, z. B. Nüsse. Weiter geht’s – leider mit leichtem Nieselregen. Und so erkenne ich einmal mehr, dass für das Gehen am feuchten Waldboden mit Wurzeln, Steinen und Fichtenzapfen ein guter Wanderschuh mit passendem Profil das Um und Auf ist. Gegen 14 Uhr und nach rund 1400 Höhenmeter bergab ist das Ziel – eine alte Bergbausiedlung mit wenigen Höfen - erreicht.
Die Hütte Dom na Peci - aufgrund des trüben Wetters mit wenig Gästen
Mehr als 1000 Höhenmeter geht es vom Kordeschkopf bis ins Tal
Mit leichtem Brennen in den Oberschenkeln ist die alte Bergbausiedlung, wo wir abgeholt werden, erreicht
Ein weißer Bus wartet bereits auf uns
Am Steuer sitzt Primož Doler, Head Operator der Zipline „Olimpline“. Warum „Olimpline“? Weil sechs Bewohner des kleinen Ortes Črna na Koroškem an Olympischen Spielen teilgenommen haben. Primož Doler’s Schwager Gregor Lačen hat das Outdoor-Projekt 2019 aus der Taufe gehoben und so können seither alle Mutigen mit mehr als 40 aber weniger als 130 Kilogramm mit Gurt und Rucksack ausgestattet über den Ort Črna brausen. Mit Hilfe eines 1263 Meter langen Seiles in luftiger Höhe (maximal 219 Meter). Ein mutiger Abschluss einer wunderbaren Wanderung, die zwar ein wenig Überwindung erfordert aber dafür prickelnd in Erinnerung bleibt. Vorkenntnisse sind keine nötig, es erfolgt lediglich eine kurze Einweisung.
Gurt und Rucksack sind bereits geschultert - in wenigen Minuten startet das Abenteuer in luftiger Höhe
Head Operator Gregor Lačen erklärt wohin es geht: In 219 Metern Höhe übers Tal und den Ort Črna
Und dann geht es auch schon los.
Was für ein grandioser Ausblick – man weiß gar nicht, wo man zuerst hinsehen soll. Der Wind bläst um die Ohren und der Blick nach unten… lieber nicht. Nach ein bisschen mehr als einer Minute und mit maximal 110 Stundenkilometern reduzieren am anderen Ende des Talkessels Supersoft-Bremen die Geschwindigkeit. Geschafft! Der rund 10minütige Spaziergang ins Tal entspannt und lässt den Tag Revue passieren. Und hier beantwortet sich auch die Frage „Warum mit der Zipline nach Afrika“? Genau hier, im Geopark Karawanken stoßen die eurasische und afrikanische Erdplatte aufeinander – und daher auch der Name.
Übrigens: Die vielen verbrauchten Kalorien können anschließend mit der slowenischen Spezialität Gibanica – ein Blätterteiggebäck mit Mohn, Äpfeln und Topfen - in der Konditorei Senica Črna wieder aufgefüllt werden, bevor es per Shuttle des Geopark Karawanken zurück zur Talstation der Petzenbahn geht.
Die slowenische Spezialität Gibanica - ein Blätterteiggebäck mit Äpfeln, Mohn, Nüssen und Topfen
Gemeinsamer Rückblick auf einen Bergtag, der trotz trüben Wetters für Sonnenschein-Momente gesorgt hat
Apropos:
Die Tour auf den Kordeschkopf lässt sich nicht nur in Kombination mit der Zipline buchen, sondern wird vom Geopark Karawanken auch als Sonnenaufgangswanderung oder grenzübergreifend mit Rad- und Paddeltouren im ehemaligen Bergwerk von Mežica kombiniert.
Hier geht’s zum Geopark Karawanken
Buchbares Angebot: Über die Petzen zur Zipline nach Afrika
Wochentag:
Ausgangspunkt:
Talstation der Petzen Bergbahnen
9143 St. Michael ob Bleiburg
Startzeit | Dauer:
9:00 – 17:00 Uhr | Gehzeit: 4,5 Std.
Preis:
€ 50,- exkl. Bergfahrt; inkl. Shuttle
Schwierigkeitsgrad:
Sehr anspruchsvoll
Streckenlänge:
10 km | Höhenmeter: 465 hm bergauf / 1400 hm bergab
Anmeldung:
bis jeweils 15.00 Uhr am Vortag der Wanderung
Tel: +43 42 38 82 39 226 oder office@geopark-karawanken.at
Bilder, Text und Video: Ute Zaworka
Autorenvorstellung: Ute Zaworka
Natürlich fahre ich im Winter auch gerne Ski, aber voll und ganz in meinem Element bin ich in der warmen Jahreszeit. Ich trage gerne Flip Flops und kurze Hosen und verbringe meine Freizeit am liebsten im Grünen - egal ob in meinem Garten, beim SUPen am See, beim Wandern in den Kärntner Bergen oder am Golfplatz.
Ein großes Anliegen meinerseits ist es, Menschen von der Schönheit und Besonderheit Kärntens, auch kulinarisch und kulturell gesehen, zu erzählen und begeistern.
Und weil das Schreiben und Fotografieren seit vielen Jahren eine meine Lieblingsbeschäftigungen ist, mache ich das auch in Form von Erlebnisgeschichten.
Motto: „Das Geheimnis der Freiheit ist der Mut.