Kurz nach Sommersonnenwende kann auch die Blütezeit einer einzigartigen Blume aus der Eiszeit erlebt werden. Die Wulfenia zieht die Menschen seit ihrer Entdeckung in ihren Bann und blüht als geschützte Rarität auf den Almwiesen am Fuße des Gartnerkofels, den östlichsten der drei markantesten Gipfel, die das Kärntner Nassfeld eingrenzen
Es ist fünf Uhr morgens. Der frische Wind weht mir um die Nase und das sanfte Rauschen ist zugleich auch das einzige Geräusch, das ich in diesem Moment vernehme. Ich nehme einen tiefen Atemzug und genieße die herrliche Stille am Gipfel des Gartnerkofels. Heute lasse ich den Alltag einfach hinter mir und tauche in diese einzigartige Stimmung rund um mich hinein. Ich bin stolz darauf, den Gipfel-Aufstieg rechtzeitig geschafft zu haben.
Die Sonne bricht soeben die mystisch-romantische Stimmung der Blauen Stunde und bahnt sich ihren Weg durch die wenigen Wolken am Horizont. Der Himmel leuchtet in zarten Orange- und Goldtönen und kündigt wieder einen warmen Sommertag an. Hier oben bin ich ganz bei mir angekommen und genieße den Augenblick dieses Naturschauspiels. Mein Blick schweift immer wieder in Richtung Süden zu den italienischen und slowenischen Julischen Alpen. Die noch tiefstehende Sonne taucht die Berggipfel in warme Bronzefarben. Ich liebe diesen Ausblick und das Gefühl als würde ich bis zum Meer sehen können, das ja in Wahrheit weniger als 100 km Luftlinie entfernt liegt.
Während des Abstiegs wärmen die ersten Sonnenstrahlen dieses jungen Tages mein Gesicht und lassen die Berge und Wiesen rundherum in einem warmen, goldenen Sommerlicht glänzen. Die Almwiesen stehen schon im satten Grün und bieten genug Futter für die Kühe, die vor einer Woche vom Tal auf die Alm gesiedelt sind, um hier ihren Almsommer zu verbringen.
Wie in einem Gemälde von Claude Monet sind die Almwiesen mit einem Blütenmeer aus bunten Farbtupfern bedeckt. Der Sommeranfang ist eindeutig die schönste Zeit auf der Alm. In der Ferne höre ich immer wieder das Bimmeln der Kuhglocken, während mich meine Füße bergabwärts in Richtung Watschiger Alm tragen. Der Enzian ist schon fast verblüht während in niedrigeren Lagen die pinke Alpenrose gerade erst ihre Pracht entfaltet. Dazwischen erspähe ich die blaue Wulfenia - die hoch erhaben und stolz wie eine Königin hier thront. Der Kärntner Kuhtritt oder die Wulfenia Carinthiaca, wie sie botanisch korrekt bezeichnet wird, gedeiht nur hier am Nassfeld. Zu finden ist sie an wenigen Stellen am Fuße des Gartnerkofels und auf Wiesen bei der Watschiger Alm, Kühweger Alm und Garnitzenalm. Verwandte Arten dieses Wegerichgewächses gibt es am Himalaya, in Afghanistan, Albanien und Montenegro zu finden. Diese faszinierende Blume wurde 1779 von Franz Xaver Freiherr von Wulfen entdeckt und hat vermutlich sogar die letzte Eiszeit in unseren Gefilden überlebt. Die Wulfenia scheint die Zeit der Sommersonnenwende genauso zu lieben wie die Schweden, denn sie erblüht in den letzten beiden Juni-Wochen, meistens um den 21. Juni.
Der “Leuchtturm - Wulfenia, eine Königin lässt bitten” gibt dem Sternbild der Karnischen Milchstraße ihren Namen. Das Sternbild verläuft entlang des Karnischen Höhenweges und schließt die markantesten Berggipfel der Sonnenalpe Nassfeld mit ein. Gemeinsam mit den Kofelbergen, dem Gartnerkofel, dem Rosskofel und dem Trogkofel überstrahlt sie die Landschaft, wie ein Leuchtturm.
Entstanden ist diese Bezeichnung wohl auch in Anlehnung daran, dass Leuchttürme Schiffen seit jeher als Orientierungshilfe dienen. Die blaue Wulfenia, die Blumenkönigin dieser Region, ragt so stolz wie ein Leuchtturm aus dem bunten Blumenmeer der Bergwiesen am Nassfeld heraus.
Wie die Wulfenia könnten auch die vielen Fossilien, die in den geologischen Fundstellen am Auernig und auf der Krone (Monte Corona) zu finden sind, Geschichten aus vielen Tausenden oder sogar Millionen von Jahren erzählen. Die geologischen Besonderheiten entlang des Karnischen Höhenweges faszinieren Groß und Klein und führen durch die Gesteine des Erdaltertums. Fundstücke aus der Zeit des Karbons (vor ca. 360 Mio. Jahren) bis zur letzten Eiszeit vor ca. 20.000 Jahren sind hier zu sehen. Von einem Gipfel bis zum nächsten kann ein Zeitsprung von 20 Millionen Jahren gemacht werden, so unterschiedlich sind die Gesteinstypen dieser Region.
Was für mich eher zur Ausnahme gehört, um drei Uhr morgens aufzustehen, um den Sonnenaufgang am Berg erleben zu können, ist für die Sennerinnen und “Halterbuamen und -madeln” auf den Almen entlang der Karnischen Milchstraße der Alltag im Almsommer. Die Kühe müssen zeitig von der Weide in den Stall zum Melken getrieben werden. Seit Jahrhunderten wird in den Karnischen und Gailtaler Alpen der markengeschützte Gailtaler Almkäse g.U. hergestellt. Von Generation zu Generation wird die hohe Kunst der Käseherstellung weitergegeben, um daraus unvergleichliche Produkte herzustellen.
Der Hunger treibt mich in die Watschiger Alm, wo ich ein ausgiebiges Frühstück genieße. Mit jedem Bissen des vollmundigen und aromatischen Gailtaler Almkäses schmecke ich die würzigen Almkräuter. In jeder Scheibe Salami und Gailtaler Speck ist die Hingabe der Bauern für ihr Tun zu spüren, die bei der Herstellung in das Produkt gesteckt wurde. Im Sternbild des Leuchtturms gibt es neun Almen und Hütten, auf denen man in den Genuss dieser unverfälschten Produkte kommen kann, die nach wie vor in Handarbeit hergestellt werden. Überall ist es auch möglich, sich ein kleines “Stickl Olm für daham” mitzunehmen. Genau das mache ich auch, um mich für den morgigen Tag zu stärken. Dann möchte ich in das nächste Abenteuer dieses Sternbilds eintauchen und eine grenzüberschreitende Bike-Tour zwischen Österreich und Italien machen.
Bei einer geführten Wandertour Fossilien selbst entdecken und eine Zeitreise durch das Erdaltertum machen, um dabei im Frühsommer auch das einzigartige Naturschauspiel der Wulfeniablüte am Nassfeld zu erleben. Die Wulfenia überstrahlt wie eine Königin aus der Eiszeit die Bergwiesen wie ein Leuchtturm, die mit duftenden Blumen und Kräutern übersät sind und im würzigen Almkäse der Watschiger Alm herausgeschmeckt werden. Bei der Käseherstellung kann der Sennerin sogar über die Schulter geschaut werden. Erlebnisse dieser Art sind in der Karnischen Milchstraße buchbar, wo unvergessliche Momente durch erfahrene und kompetente Mitarbeiterinnen ermöglicht werden.
Wochentag:
Donnerstag (Mitte Juni bis Mitte September)
Ausgangspunkt:
Staatsgrenze Nassfeldpass
Startzeit | Dauer:
9:45 – 13:45 Uhr | ca. 4 Stunden
Preis:
Erwachsene und Kinder: € 24,–
Leistung:
Fachkundige Geotrail-Führung | Einführung in die Käseproduktion inkl. Käseverkostung | Käselaibchen zum Mitnehmen. Weitere Infos und Buchung
Weitere Magische Momente
Bilder und Text: Anita Janesch
Ich arbeite im Marketing und Verkauf in einem Landtechnik-Fachbetrieb und betreibe nebenbei meinen Blog, weil ich hier meine Kreativität ausleben kann. In meiner Freizeit singe ich im Chor, liebe ich das Skifahren und Wandern, reise gerne und bin viel mit meinem Cabrio in Kärnten unterwegs.
Mein Lieblingsplatz in der Natur ist ein Berggipfel, den ich bei einer Jause genießen kann. Mein Lieblingsgericht aus der Kärntner Küche ist eine saure Kirchtagssuppe mit Reindling.
An Kärnten fasziniert mich am meisten das Leben im Dreiländereck: ein schneller Kaffee in Italien, eine leckere Cremeschnitte in Slowenien – von Kärnten aus ist das alles in kürzester Zeit möglich.